Erste Schneideübungen, ich flipp aus und wer lernt hier eigentlich von wem?

Igel bunt bemalt
Erste Schneideübungen – Unsere Igelparade- Vorlage am Ende des Artikels
Erste Schneideübungen - ein Igel aus Pappteller
Erste Schneideübungen – ein Igel aus Pappteller
Schneideübung Fledermaus
Fledermaus- schnelles DIY für den Herbst oder Halloween und gut geeignet für erste Schneideübungen- Vorlage nach unten scrollen

Herbstzeit ist bei uns Bastelzeit. Wir basteln mit Blättern, wir basteln mit Kastanien. Wir basteln Eulen aus WC-Rollen, Fuchsstempel aus Moosgummi, Igel aus Papptellern und gefährliche Fledermäuse mit Wackelaugen. Wir probieren uns mit ersten Schneideübungen aus, wir machen herbstliche Fensterbilder im Kinderzimmer, rollen Seifenkugeln mit dem Lavendel aus dem Garten, und dabei klopfe ich mir gedanklich sehr oft auf die Finger. Nämlich immer dann, wenn die Seifenkugel meines Sohnes nicht rund, die Flügel der Fledermaus krumm und die Stacheln des Igels (erste Schneideübungen) nicht spitz genug sind.

Kind hält Seifenkugeln in der Hand
Selbstgerollte Seifenkugeln

 

Schöne Feinmotorikübung: Seifenreste hobeln und mit wenig Wasser zu Kugeln formen
Schöne Feinmotorikübung: Seifenreste hobeln und mit WENIG Wasser zu Kugeln formen

Ich scheitere oft an meinem inneren Anspruch!

Kennst du das? Schön soll es sein. Nicht windschief und zerknautscht. Jeden Tag ziehe ich mir auf meinem Instagram– und Pinterestaccount Bilder von bezaubernden Wohnungen, liebevoll gestalteten Kinderzimmern und perfekten DIYs an. Mein Gehirn mag diese aufgeräumten, inszenierten Bilder. Ich glaube diese Ordnung, die es bei uns nicht so oft gibt (oder täglich nur für fünf Minuten), gibt mir das Gefühl, alles im Griff zu haben. Meinen turbulenten Alltag mit den Kindern mit Struktur und Ordnung irgendwie leichter zu wuppen.Momentan übt Luis das schneiden. Er wird diese Woche vier Jahre alt, und wann immer eine Schere im Umkreis ist, schnappt er sich diese. „So schön gefährlich, Mama“. Daher habe ich Arbeitsblätter und Bastelvorlagen für erste Schneideübungen ausgesucht.

Ich liebe unsere gemeinsame Bastelzeit am Nachmittag, und sie fällt mir schwer.

Vor allem dann, wenn Luis beim Basteln fröhlich mit seinen speckigen Fingern das Buntpapier für die ersten Schneideübungen aus der Verpackung zieht und diese großzügig verkrüppelt oder wenn er den Kleber am Küchenbasteltisch benutzt. Großflächig natürlich, so dass wir beim Abendessen noch was davon haben und beim Basteln, und Igel schneiden bin ich voll dabei. Ich war- und selten bin ich es noch- eine Mama, die voller Freude bei den ersten Schneideübungen mehr schneidet, malt und klebt, wie mein Sohn, und es gibt einen AHA-Moment.

AHA-Moment – ich verbanne meine Bücher

Eulen aus WC Papier
Eulen aus Klopapierrollen, besorgt euch für die Augen einen Kreisstanzer sonst wird’s friemelig

Mittwochnachmittag sitzen wir mit den ausgebreiteten Malsachen am Küchentisch. Vor uns die großartigen Ed Emberley Bücher. (Ich liebe diese Bücher, sie sind toll, endlich kann ich eine Giraffe malen, die als solche erkennbar ist). Während wir also vor einem weißen Blatt Papier sitzen, blättert Luis im Ed Emberley Buch und sucht sich aus, was ich als nächstes malen soll. Was ich natürlich auch stolz wie Bolle mache. Ich konnte nie malen, und auf einmal erschaffe ich ganze Tiergärten und Rennstrecken auf einem Blatt Papier. Ich will ihn ermuntern, auch etwas zu malen. Er schnappt sich einen Stift, schaut sich den Frosch im Buch an, schwingt mit dem Stift übers Papier und sagt: „Ich kann das nicht, Mama.“ Ich animiere ihn ein weiteres Mal und er legt den Stift beiseite und murmelt: „Mama, ich kann das erst, wenn ich groß bin!“. Ähnliche Szene beim Igel-Basteln. Der Igel soll ihm helfen, gut mit der Schere umzugehen. Momentan stecken die kleinen Finger immer in unterschiedlichen Konstellationen in den Scherenlöchern. Er setzt an zweimal und ein drittes Mal. Ich korrigiere, halte die Schere, drehe das Blatt, schneide nach. Er guckt auf, legt die Schere beiseite und sagt: „Mama, hilf mir doch. Ich kann das nicht!“.

Und auf einmal leuchten alle Warnlampen in meinem Kopf. „Verflucht, was mache ich da eigentlich?“

Selbstwert und Selbstwirksamkeit

Hier läuft was grundlegend falsch. Worum geht es denn beim gemeinsamen Malen, Fledermäuse basteln, bei den ersten Schneideübungen, beim Rollen von Seifenkugeln beim gemeinsamen Kochen oder allgemein beim Leben mit Kindern? Es geht doch um das Machen, um das Gestalten, um etwas zu erschaffen, zu erleben, zu lernen, wie schön es ist, etwas mit den eigenen Händen zu tun. Etwas zu schaffen, selber zu erschaffen. Kurz, es geht um Kreativität und noch viel wichtiger: um die Entdeckung des eigenen Selbstwertes und um Selbstwirksamkeit. Darum, dass aus diesem kleinen Mensch eine gestandene, stabile Persönlichkeit wird, die sich selbst etwas zutraut. Ein Mensch, dem es egal ist, ob auf seiner Jeans das C&A-Logo steht oder das Hilfiger-Label thront. Weil er seinen Selbstwert aus sich und nicht seinen Klamotten zieht. Um das Wissen in die eigene Kraft, weil er weiß, dass er nichts werden muss, sondern schon ganz viel ist.

malenUnd verdammt, natürlich habe ich gerne, schön gemalte Bilder in den Zimmern hängen und wer definiert bitte, was schön ist. Und wie hoch ist der Preis, den mein Kind dafür zahlen muss?

Ich verbanne sofort MEINE Lieblingszeichenbücher und die Kinderausmalbücher gleich mit, für spätere Jahre.

Wir malen jetzt einfach wild drauf los. Es braucht ein bisschen. Ich stupse ihn an, ermuntere ihn, und seitdem geht es besser. Es entstehen wilde Bilder mit Wirbelsturm und Kopfkissen drin.

Kinderbild
Wirbelsturm mit Kopfkissen drin – eindeutig

Ich übe mich im Machen-Lassen

Und wenn ich ehrlich zu mir selber bin, bleibt es nicht beim Basteln. Ich schmiere liebend gern seine Marmeladenbrote, antworte gegenüber Fremden, wenn er gefragt wird, und wenn er am Spielplatz über den hohen Steg klettern will, winke ich ab. Er ist ja noch so klein. Nein, verdammt, das ist er eben – leider – nicht mehr. Natürlich ist das gut, beschützend und unterstützend von mir gemeint. Und ich bin überzeugt, ich verhindere damit viel Wachstum, Eigenständigkeit und mentale Stärke meines Sohnes.
Ach, das Thema liegt ziemlich schwer auf meinem Herzen, und glücklicherweise ist mein (und unser aller) Gehirn immer eine Baustelle und verändert sich zeitlebens mit neuen Erfahrungen.

Ich übe mich also im Machen-Lassen und nicht im „das-kann-ich-doch-viel-schneller-Machen“ und „Oh-Gott,-macht-das-viel-Sauerei“-Denken.

Fuchsstempel aus Moosgummi
Stempel aus Moosgummi (nach dieser Vorlage)

Ich unterstütze, wo es nötig ist. Wenn er meine Hilfe braucht, wenn es gefährlich ist, und ansonsten ermutige ich ihn, die Dinge anzupacken. Ja, und manchmal ertappe ich mich auch noch dabei, wie ich die Fledermausflügel akkurat nachschneide, wenn er wegguckt, und haue mir innerlich fest auf die Finger, wenn er abends in seinem Bett liegt, die windschiefen, gefährlichen Fledermäuse  anguckt und sagt: „So schön, Mama!“. Dann fange ich an, das Schöne im „#Imperfekten“ zu sehen.

In diesem Sinne, lieben und loslassen

Eva

P.S.: Nach diesem Aha-Moment habe ich mir zwei Bücher aus unserer Stadtbibliothek ausgeliehen. Einmal „Zeig mir mal, wie das geht!„(nur noch gebraucht verfügbar) und „Kinder fördern nach Montessori“. Beide sind ab jetzt meine BASIS-Literatur für unsere Erziehung.

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Erste Schneideübungen oder Fortgeschrittene -egal – hier noch als Vorlage für Euch. Viel Spaß beim Basteln
Igel aus Papptellern - Herbst DIY
Erste Schneideübungen oder Fortgeschrittene -egal – hier noch als Vorlage für Euch. Viel Spaß beim Basteln
DIY Fledermaus mit Wackelaugen
Fledermausvorlage für euch

 

3 Kommentare

  1. Ich finds auch genau richtig! Lieber die kids selber machen lassen, die Freude und das Leuchten in den Augen ist viel größer, wenn sie sagen“ hab ich selbst gemacht“…
    Nur eine kleine Anmerkung, die mir beim Lesen auffiel, vielleicht könnten ja die Fluchereien („Verdammt“) sich noch reduzieren 🙂
    Ansonsten ist es prima.
    Viele Grüße
    Fünffach Mama

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